Lemonade
Der Film "Lemonade" / Das
Spielfilmdebüt von Ioana Uricaru erzählt von einer jungen Rumänin, die in den
USA gearbeitet und geheiratet hat. Jetzt braucht sie eine Green Card. Und die
Einwanderungsprozedur wird zu einem schmerzhaften, demütigenden Prozess
21.09.2018
Bewertung: 4
»Lemonade«
ist einer dieser Filme, die sich mit bedrohlicher Ruhe anschleichen: Zu Beginn
sehen wir, wie die junge Rumänin Mara (Mälina Manovici) im Krankenhaus geimpft
wird, wie sie während der anschließenden Autofahrt mit ihrem Mann einen
Schwächeanfall erleidet und schließlich mit einem berechnenden Beamten (Steve
Bacic) der amerikanischen Einwanderungsbehörde spricht. Weil ihre Aufenthalts-
und Arbeitserlaubnis ausgelaufen ist, braucht Mara dringend ihre Green Card. Dafür
muss die gelernte Krankenpflegerin durch den US-Einwanderungsapparat.
Die bürokratische Sterilität in den ersten Minuten von loana
Uricarus Langfilmdebüt macht argwöhnisch. Langsam und mit erschreckender
Nüchternheit zieht die Rumänin, die das Drehbuch gemeinsam mit Tatiana lonacu
geschrieben hat, die Daumenschrauben an. Dass Mara ihren Patienten Daniel
(Dylan Scott Smith) sehr schnell und kurz vor Ablauf ihres Visums geheiratet
hat, wird skeptisch beäugt. Der kritische Beamte versucht, sie der Scheinehe zu
bezichtigen und stellt Fragen zum intimsten Privatleben. »Hatten sie
vorehelichen Verkehr?« keift er sie später in seinem Auto an, in das er die
verzweifelte Frau gelockt hat. Spätestens hier versinnbildlicht sich die erste
Einstellung des Films: Dort hatte sich Mara für die Untersuchung ausgezogen,
hier nun fordert das System ihre Blöße. Uricaru geht allerdings einen Schritt
weiter, denn, das hatte sich bereits angedeutet, der Beamte verfolgt eigene
perfide Interessen.
»Lemonade« ist ein leises, eindrückliches
Statement gegen Xenophobie und Machtmissbrauch. Seine Kraft entfaltet der
Film durch den differenzierten Blick und seine Ambivalenz. Darin steckt die
große Stärke: Dass Uricaru sich dem Thema der Populisten völlig unpopulistisch
nähert und die emotionale Komplexität des Migrationsprozesses eher andeutet als
auszubuchstabieren. Ob Mara Daniel wirklich liebt, wie sie ihm und dem Beamten
beteuert, bleibt ebenso unklar wie klar wird, dass sie für ihren Sohn Dragos
(Milan Hurduc) alles tun würde.Auch wenn Maras Geschichte filmisch auf die Spitze getrieben wird, ist ihre persönliche Hölle stets wahrhaftig und so konsequent erzählt, dass es schmerzt. Das zurückhaltende Spiel Mälina Manovicis ist dabei schlicht einnehmend. Immer wieder tastet die Kamera in Großaufnahmen über ihr Gesicht, in dem sich Angst, Hoffnung und auch Stärke manifestieren. Verbündete findet sie neben einer rumänischen Freundin schließlich in der Schulleiterin von Dragos und einem serbischen Anwalt. »Um erfolgreich zu sein, muss man ein erfolgreiches Bild vermitteln«, erklärte er augenzwinkernd. Den eigenen amerikanischen Traum hat er ironischerweise durch gefälschte Diplome angekurbelt.
Uricaru erzählt von aktuell allgegenwärtigen Themen: von den Folgen der Globalisierung und der vielerorts auf Protektionismus bauenden Systeme. »Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, mach Limonade draus«, lautet das Sprichwort, auf das sich der Titel bezieht. Was würde auch ohne Optimismus bleiben?
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